In Anlehnung an ihre jährliche Aktion „Heimat shoppen“ fordert die IHK in dieser Krisenzeit die Bevölkerung auf, bei den Händlern vor Ort einzukaufen. Die Idee: Mit Solidarität durch die Krise.
Landkreis Osterholz. Kinderfüße wachsen schnell. Daran kann auch das Coronavirus nichts ändern. Allerdings hat der Krankheitserreger dafür gesorgt, dass es in diesen Tagen schwierig für Eltern ist, wirklich passende Frühlings- und Sommerschuhe für den Nachwuchs zu bekommen. Schließlich wurden die Schuhläden in den Ortschaften und Städten wegen der Pandemie geschlossen. Aber Beratung am Telefon und Abholung nach Absprache sind nicht verboten. Und genau das bietet nun das Schuhhaus Wehmann in Ritterhude den Eltern, die dringend etwas Passendes für die Füße ihrer Kinder brauchen, an.
Natürlich bieten auch andere Internet-Plattformen schicke Treter zum Kauf. Sie haben das lange vor der Krise zu ihrem Geschäftsmodell erklärt. Allerdings ohne fachliche Beratung. Und hinter diesen Plattformen verbergen sich auch keine lokalen Unternehmer, keine örtlichen Arbeitsplätze. Schuhhaus Wehmann dagegen gehört zu den hiesigen Ladengeschäften, die wegen der Pandemie bis auf Weiteres schließen mussten und deren Inhaber nun nach Alternativen suchen, um die Krise zu überstehen.
Aufruf zur Solidarität
Genau diesen Betrieben will die Industrie und Handelskammer (IHK) Stade helfen, wenn sie die Bevölkerung zur Solidarität aufruft. Unter dem Motto „Heimat shoppen – jetzt erst recht“ fordert sie die Bürger auf, die örtlichen Unternehmer mit ihrem Einkauf zu unterstützen – entweder direkt im Geschäft oder per Online-Bestellung samt Lieferung nach Hause. Denn, so sagt die Hauptgeschäftsführerin der IHK Stade, Maike Bielfeldt: „Leidtragende der unsäglichen Corona-Situation sind in großem Ausmaß unsere lokalen Händler, Gastronomen, Tourismus- und Kultureinrichtungen. Die künftige Aufrechterhaltung dieser Betriebe hängt maßgeblich von der jetzigen lokalen Kaufbereitschaft ab.“
Wozu die IHK mit den örtlichen Wirtschaftsvereinen seit wenigen Jahren immer im September aufruft, macht sie daher nun zu ungewohnter Zeit: Sie wirbt dafür, regional und lokal einzukaufen. Heimat shoppen eben. „Die Geschäfte, die nicht auf der Schließungsliste des Landes Niedersachsen stehen, lassen sich nach Ansicht der IHK sehr gut stationär unterstützen. Diejenigen Sortimente, die aber nicht geöffnet haben dürfen, sollten jetzt die Chance ergreifen, auf Onlinekanäle zu setzen“, so Bielfeldt.
Tatsächlich ergreifen viele Händler diese Chance, hat die Interessengemeinschaft Ritterhuder Betriebe (IRB) bei ihren Mitgliedern beobachtet. „Es ist toll, wie viele Ideen sie haben“, berichtet Simone Schröter. Die IRB-Vorsitzende war sich sicher, dass die Ritterhuder kreativ auf die Krise reagieren würden. Die ersten Rückmeldungen, die sie auf Nachfrage von den IRB-Mitgliedern bekommen hat, haben sie nicht überrascht, aber sehr gefreut.
Da wäre zum Beispiel das „Geschenke“-Geschäft Lollipop an der Riesstraße, das für jeden Anlass die richtige Geschenkverpackung verspricht. Nach telefonischer Absprache können sich die Kunden ihre Lollipop-Wünsche weiterhin abholen. Abholen können sich nun auch die Kunden des Restaurants Jägerstuben nach vorheriger Online-Bestellung ihr Essen. Und die Fahrschule Bleke berät auf allen Kanälen rund ums Thema Führerschein.
Telefonisch nimmt auch die Gärtnerei Mahlstedt in diesen Tagen Bestellungen von Pflanzen entgegen, bietet einen Bring- und Holdienst an und führt weiterhin Gartenarbeiten aus, teilt die IRB mit. Nur Schnittblumen, die gebe es zurzeit auch bei ihnen nicht. Die Baumschule Brons darf inzwischen nur noch an gewerbliche Kunden Pflanzen ab Hof verkaufen. Damit private Garten- oder Balkonbesitzer trotzdem zum Zug kommen, bietet auch Sicco Brons einen Lieferdienst an, und der Rodungs- sowie Pflanzservice läuft weiter wie immer. Wem zur Gartenarbeit dann noch die entsprechende Technik fehlt, bekommt sie dank eines Bring- und Holdienstes von Böttjer Land- und Gartentechnik.
So oder so ähnlich halten viele Geschäfte im gesamten Landkreis in der Krise den Kontakt zu ihren Kunden. Radfahrern zum Beispiel hilft Zweirad Kliem nicht nur in der Werkstatt. Waren würden ebenfalls gebracht, teilt Simone Schröter mit. Und Kliem ist bei Weitem nicht das einzige Fahrradgeschäft in der Region, das diesen Service anbietet. Ähnlich hat sich Heiko Wellbrock mit seinem Zweirad-Laden in der Kreisstadt auf die Situation eingestellt, hat die Werkstatt geöffnet und bietet Versand und Auslieferung an.
Etwas weiter die Bahnhofsstraße hoch hat Detlef Gödicke hinter seinem Geschäft „Musicland“ ab sofort eine Art Drive-In eingerichtet, wie er der Redaktion mitteilt. Zunächst stehe er den Kunden dort an jedem Werktag – bis auf mittwochs – von 15 bis 17 Uhr mit Rat und Tat zur Verfügung. Wer seine freie Zeit eher mit Stricken verbringt, braucht sich ebenfalls keine Sorgen zu machen. Die „Strickeria“ am Scharmbecker Marktplatz bietet auf Wunsch einen Lieferdienst an. Und die Blumenwerkstatt „Die Margerite“ an der Kirchenstraße nimmt telefonisch oder auf Klopfen an der Ladentür Aufträge entgegen.
Ob Tee und Kaffee vom „Tee Genuss“, Bastelmaterial von Ziegeler, Bücher von der Schatulle oder Kleider von Boutique Kai, nach Fotos ausgewählt, die im Schaufenster hängen, sowie Schuhe von Lisanne, von Schuhhaus Steffens und dem „Schuh Karton“, die nach dem Schaufenster-Bummel per Nummer telefonisch geordert werden können, – die Einzelhändler in der Region bieten der Corona-Krise die Stirn. Wer alles auf welche Art und Weise sein Geschäft in diesen Tagen am Laufen hält, verrät ein Griff zum Telefon, ein Blick auf die Homepage des Geschäfts oder auf die Hinweise in den jeweiligen Schaufenstern. Die IRB veröffentlicht außerdem auf ihrer Internetseite (https://irb-ritterhude.de; Stichwort: IRBekannmachung) alle ihr bekannten Geschäfte, die sich für die Krisenzeit alternative Geschäftsideen überlegt haben.
Quelle: Osterholzer Kreisblatt